Carpet! Magazine: Interview des Monats zu Shahdad Designerteppichen
Mit seiner neuen Marke Shahdad geht das seit langem etablierte iranische Unternehmen Ashkiyoun an den europäischen und internationalen Markt. Das Programm: sehr hochwertige handgeknüpfte Teppiche mit sanft bis stark modernen Einflüssen, gefertigt nach Kundenwunsch. Im Karlsruher Einzelhandelsgeschäft Schick-Stephan Teppiche & Trends zeigte Shahdad von Oktober bis Dezember eine Auswahl; im Rahmen eines exklusiven Abend-Events stellte das Unternehmen die Teppiche gemeinsam mit Claudia Schick-Stephan ausgewählten Kunden vor. Carpet! Magazine sprach mit dem Geschäftsführer Mohammad Ashkiyoun und dem Marketingleiter Mahdi Hosseini.
Carpet! Magazine: Welche Design-Philosophie verfolgen Sie?
Mahdi Hosseini: Mit Shahdad wollten wir eine handgefertigte hochwertige Avantgarde-Kollektion entwickeln, die durchaus auch moderne Designs zeigt, gleichzeitig aber fest in der persischen Kultur verwurzelt ist. Unser Spektrum lässt sich in drei Kategorien unterteilen: Erstens haben wir persisch-traditionell gemusterte Teppiche in neuem Look, also etwa in modernen Farben. Die zweite Kategorie, „Transitional“, interpretiert klassisch-persische Musterelemente neu. Und die dritte Kategorie zeigt schließlich moderne Designs: Fantasiemuster, die an persische Landschaften erinnern, oder grafische Kompositionen, die von der iranischen Architektur inspiriert wurden.
Carpet! Magazine: Und die Teppiche werden alle im Iran gefertigt.
Mohammad Ashkiyoun: Ja, ausnahmslos. Das sieht man ihnen auch an. Jeder unserer Teppiche, so modern und abstrakt das Design erscheint, lässt bei genauerem Hinschauen immer seine persischen Wurzeln erkennen. Das ist uns wichtig: echte persische Teppiche mit Seele anzubieten, die nicht einfach fremde Muster kopieren, sondern die Verbindung zu ihrem Ursprung aufrechterhalten. Der persische Teppich ist die Mutter aller Teppiche, und alle Muster, alle dekorativen Elemente hatten immer auch eine tiefere Bedeutung. Wir bei Shahdad sehen uns als kulturelle Botschafter. Es geht uns darum, Gefühle, Traditionen, Glaubenssätze zu transportieren. Ganz persönlich, ohne Massenproduktion. Das ist der Unterschied.
Carpet! Magazine: Wie entstehen denn die Shahdad-Teppiche?
Mahdi Hosseini: Alle unsere Teppiche werden aus sehr hochwertiger pflanzengefärbter persischer Wolle und echter Seide geknüpft – zum Teil sehr, sehr fein, mit bis zu einer Million Knoten pro Quadratmeter oder sogar mehr. Dabei handelt es sich um die hochwertigste Wolle, die man auf der ganzen Welt bekommt. Unsere Knüpferinnen und Knüpfer verwenden jeweils auf den Teppichtypus abgestimmte Wolle oder eine Wollmischung mit spezifischen Eigenschaften. So unterscheidet sich die Wolle aus den Bergen natürlich von der aus der Shahdad-Wüste im Zentraliran, einem historisch bedeutsamen Gebiet. Daher kommt übrigens unser Name. Die Wolle aus der Shahdad-Wüste wird auch traditionell für Kerman-Teppiche verwendet, denen man nachsagt, sie würden mit der Zeit immer besser: weil die Wolle durch die Nutzung immer weicher wird und dabei auch die Farbharmonien immer schöner herauskommen. Wie in dem Hollywood- Film mit Brad Pitt, „Der seltsame Fall des Benjamin Button“, in dem die Hauptfigur immer jünger und besser aussah, je älter sie wurde. Unsere Teppiche sind also gewissermaßen „Benjamin-Button-Teppiche“.
Carpet! Magazine: Die Teppiche sind ja sehr unterschiedlich. Nicht nur in ihrem Design, sondern auch in Sachen Florhöhe, Knüpftechnik, Knotendichte und Material.
Mahdi Hosseini: Ja, jedes Stück hat seine eigene Geschichte – je nachdem, aus welcher Provenienz es stammt, wird es entsprechend geknüpft: beispielsweise in Aserbaidschan, in Farahan oder im Bidjar-Gebiet, wo sehr dauerhafte, vollflorige Teppiche entstehen.
Carpet! Magazine: Die Designs wiederum stammen nicht ausschließlich aus den jeweiligen Provenienzen, sondern sind moderne Interpretationen von Shahdad?
Mahdi Hosseini: Unser Designteam im Iran umfasst über zehn Designer, die sich allerdings perfekt mit den Wurzeln, mit den Ursprüngen der unterschiedlichen Teppichprovenienzen auskennen müssen. Dabei arbeiten mehrere Designer parallel an verschiedenen Kollektionen, zum Teil mit E-Design-Software; manche Designs werden aber auch per Hand gezeichnet. Zusätzlich ziehen wir internationale Berater für die unterschiedlichen Länder und Gebiete hinzu, in die wir verkaufen, denn in Europa mag man andere Teppiche als zum Beispiel in Japan.
Carpet! Magazine: Aktuell haben Sie Europa stark im Blick; seit längerem gibt es eine deutsche Niederlassung in Düsseldorf.
Mahdi Hosseini: Von dort aus wollen wir den deutschen und europäischen Markt angehen. Momentan leite ich das Verkaufsbüro; mittelfristig soll auch ein Showroom entstehen. Mit unseren Avantgarde-Teppichen wollen wir gezielt einen Nischenmarkt ansprechen: eher kleinere Einzelhändler, die ihren Schwerpunkt auf sehr edle, hochwertige Ware legen. Das braucht Zeit, und die nehmen wir uns auch. Schließlich sind unsere
Teppiche erklärungsbedürftig. Sie sind Anschaffungen fürs Leben und darüber hinaus, werden aus sehr hochwertigen Naturmaterialien gefertigt, nachhaltig und unter umweltverträglichen und fairen Bedingungen: Wir zahlen faire Löhne und stellen sicher, dass keine Kinderarbeit im Spiel ist, sodass die Kinder stattdessen zur Schule gehen können. Diese rote Linie werden wir nie überschreiten. Außerdem sind unsere Teppiche umweltverträglich: nicht nur, weil wir natürliche Materialien dafür verwenden, sondern auch weil wir damit Arbeitsplätze für die Menschen vor Ort schaffen. Gerade im Zagros-Gebirge bringen wir den Bewohnern kleiner Dörfer das Knüpfen bei. Um dort überleben zu können, haben bisher viele von ihnen Teile der Wälder gerodet und das Holz verkauft. Auf diese Weise leisten wir indirekten Umweltschutz, als Teil unserer sozialen Verantwortung.
Carpet! Magazine: Damit sind wir beim Thema Social Responsibility, das offenbar eine große Rolle spielt.
Mohammad Ashkiyoun: Ja, wir fördern die Schulbildung der Kinder in den Knüpferfamilien, finanzieren Spiel- und Sportplätze und unterstützen den Aufbau einer guten Infrastruktur in den Knüpfregionen. Aber ganz abgesehen davon, dass das aus unserer Sicht der verantwortungsbewusste und richtige Weg ist, profitieren letztlich auch wir als Produzenten davon: Dadurch, dass wir fair mit unseren Mitarbeitern und deren Familien umgehen, entsteht und festigt sich ein generationsübergreifendes Vertrauensverhältnis. Bei vielen unserer Knüpfer ist es so, dass schon ihre Eltern für uns, also für Ashkiyoun, gearbeitet haben. Und wer sich in einem Unternehmen gut aufgehoben fühlt, arbeitet viel motivierter, ist loyal und offen für den Dialog – etwa auch für unsere neuen Designideen.
Carpet! Magazine: Schließlich gilt es als sehr schwer, die stark traditionsverhafteten iranischen Knüpferinnen und Knüpfer an neue Optiken heranzuführen. Man sagt, sie seien sehr stolz und hätten ihren eigenen Kopf.
Mohammad Ashkiyoun: Den haben sie immer noch, und das ist auch gut so. Aber unsere neuen, modernen Entwürfe passen ausgezeichnet zu der neuen Knüpfergeneration, denn auch ihre Denkweisen haben sich mit der Zeit geändert. Die Shahdad-Designs spiegeln das sehr gut wider.
Carpet! Magazine: Sie sagten, Sie würden vor allem den Weg über anspruchsvolle High-End-Einzelhändler und Einrichter zum Endkunden suchen. Werden die Teppiche nach Kundenwunsch angefertigt?
Mahdi Hosseini: Ja, Shahdad ist in erster Linie ein auftragsbasiertes Unternehmen. Der Kunde sucht sich ein Design aus unseren drei Kategorien aus und lässt es nach seinem Geschmack individualisieren: Er kann die Maße vorgeben, die Farben und die Materialien: zum Beispiel auch, ob der Teppich auf Baumwoll- oder Seidenkette geknüpft werden soll. Sehr häufig kommt es vor, dass wir auf Wunsch unsere Kunden vor Ort besuchen oder dass sie uns Fotos ihrer Räumlichkeiten zusenden. Daraufhin erstellt unsere Designabteilung einen exklusiven Entwurf, der dann bei Freigabe umgesetzt wird. Aus Singapur haben wir beispielsweise eine Order über 20 m2 erhalten. Der Teppich sollte farblich auf den Marmorboden des Raumes abgestimmt werden – und auf die Gartenanlage, die man durch die bodentiefen Fenster sieht. Zur Orientierung haben wir eine Mappe mit Farbbeispielen, und wir arbeiten mit den Farbsystemen ARS und Pantone. Darüber hinaus verkaufen wir einige limitierte Teppichserien und Einzelstücke. Das handhaben wir bei der Zusammenarbeit mit Innenarchitekten ebenso wie bei der Zusammenarbeit mit Einzelhändlern: Wir stimmen uns mit unseren Kunden exakt ab, um genau die Teppiche anfertigen zu können, die sie brauchen.
Carpet! Magazine: Wie lange dauert es etwa, bis so eine Auftragsarbeit fertig ist?
Mahdi Hosseini: Das ist sehr unterschiedlich und hängt von mehreren Faktoren ab: von den Abmessungen, dem Design und von der Knüpfdichte. Wir bieten ja feine bis sehr feine persische Teppiche mit 400.000 bis 1.000.000 Knoten pro Quadratmeter oder mehr an. Auch die Saison und die Auftragslage spielen eine Rolle. Für einen durchschnittlichen Sechs-Quadratmeter-Teppiche sollte man etwa sechs Monate bis zur Lieferung einkalkulieren. Carpet! Magazine: Die Teppiche sprechen einerseits für sich, andererseits sagten Sie vorhin selbst, dass es dazu viel zu erzählen gibt. Um sie Interessenten im südwestdeutschen Raum zu zeigen und zu erklären, haben Sie sich mit der Einzelhändlerin Claudia Schick-Stephan von Teppiche & Trends in Karlsruhe zusammengeschlossen.
Mohammad Ashkiyoun: Ja, Teppiche & Trends ist genau das anspruchsvolle Einzelhandelsgeschäft, das uns vorschwebte. Wir haben hier sozusagen einen temporären Showroom, von Oktober bis Dezember. Da können die Leute die Teppiche in Ruhe auf sich wirken lassen. Und heute Abend findet ein Event mit Teppichpräsentation, Wein, Fingerfood, DJ und Live-Musik statt.
Claudia Schick-Stephan: Ich habe sehr frühzeitig ausgewählte Kunden eingeladen, und viele haben zugesagt. Aber ich hatte auch jetzt schon viele Besucher, die gezielt nach den Shahdad-Teppichen gefragt und sich spontan verliebt haben; sie sind ja schon seit Anfang Oktober hier im Ladengeschäft, also seit gut anderthalb Monaten. Was ich so weit auf jeden Fall sagen kann, ist: Die Teppiche ziehen die Blicke auf sich, und die Leute interessieren sich dafür. Den ersten Teppich haben wir sogar gleich verkauft, als die Ware eingetroffen ist – also noch bevor die Ausstellung im Oktober offiziell eröffnnet wurde. Das war eine tolle Erfahrung für uns alle.
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